HANS STOISSER
Digitale Gesellschaft heißt Entrepreneur-Gesellschaft
Warum in Afrika die Entrepreneur-Gesellschaft dominiert und was das heute bedeutet
„What we need is an entrepreneurial society
in which innovation and entrepreneurship are
normal, steady, and continuous.“
Peter Drucker in „Innovation and Entrepreneurship“, 1984
„Weil wir hier in Afrika nur wenige große Arbeitgeber haben, müssen sich ambitionierte Leute ihr eignes Unternehmen schaffen“, sagte Gaidi Faraj, der Dean der African Leadership University in Kigali in Ruanda. Wir waren 14 deutsche und österreichische Führungskräfte, unterwegs im Rahmen der Learning Journey to Digital Rwanda.
Entrepreneurship
Die African Leadership University wurde vom Ghanaer und Ex-McKinsey Mitarbeiter Fred Swaniker gegründet. Neben Mauritius gibt es noch eine Niederlassung in Ruanda. Dort besuchen 580 Studenten aus unterschiedlichsten afrikanischen Ländern die Studienrichtungen Computer Science, International Trade, Global Challenges und Entrepreneurship.
Die Art und Weise wie unterrichtet wird, ist hochmodern. Kein Frontalunterricht, Input durch Eigenrecherchen, Tutoring, Selbstmanagement und Mentoring, interkulturelle Teams, Visualisierungen, Komplexitätsmanagement.
„Skills over theory“ ist einer der Grundsätze des Unterrichts. Die Suche nach funktionierenden Lösungen für afrikanische Probleme steht im Mittelpunkt. Und nicht die Erklärungen, warum es zu welchen Zuständen gekommen ist.
„Afrikas Probleme zu lösen, heißt globale Probleme zu lösen“ …
… sagt der Dean in Kigali. Wir Europäer denken da sofort an afrikanische Migranten, die weniger nach Europa drängen sollen. Aber diese Interpretation ist falsch (und das ist ein anderes Thema).
Afrikas Probleme zu lösen bedeutet heute grundlegende Probleme digital zu lösen. Infrastrukturen und Versorgungssysteme sind in Afrika noch lange nicht voll ausgebaut. Und statt dass es zu einem Ausbau nach westlichem Vorbild kommt, entstehen neue digitale Lösungen.
Zum Beispiel ersetzen off-grid Solarsysteme den vollflächigen Ausbau des Stromnetzes oder Lasten-Drohnen den Vollausbau des Straßennetzes.
Informelle Wirtschaft
Die informelle Wirtschaft erbringt in afrikanischen Ländern knapp die Hälfte der Wirtschaftsleistung. Und sie schafft über 80% der Arbeitsplätze, schätzt die Internationale Arbeitsorganisation ILO.
Das heißt, Straßenverkauf, Transport, Kleinreparaturen, Herstellung und Verkauf eigener Produkte und Dienstleistungen in Klein- und Kleinstunternehmen und ähnliche Tätigkeiten schaffen Einkommen für einen großen Teil der Bevölkerung.
Durch den großen Anteil der informellen Wirtschaft ist unternehmerischer Mindset der Normalfall, die „default“ Einstellung afrikanischer Gesellschaften.
Für die digitale Transformation macht das einen Riesenunterschied.
Digitale Gesellschaft heißt Entrepreneur-Gesellschaft
Im Industriezeitalter waren Ingenieure und Techniker die Gestalter der Zukunft. In der „dunklen Zeit des Finanzkapitalismus“ (Nicolas Colin) waren es die gewinnmaximierenden Finanzmanager. Heute, in der Zeit der digitalen Transformation, sind es die Unternehmerinnen und Unternehmer.
Für eine solche Entrepreneur-Gesellschaft sind afrikanische Länder besser gerüstet als europäische, denn
- der afrikanischen Kontinent bietet einen riesigen Raum für Innovationen und modernes Unternehmertum,
- der unternehmerische Mindset und Entrepreneur-Gesellschaften sind die Norm,
- die neue afrikanische Mittelschicht hat heute vollen Zugang zur globalen Wissensgesellschaft.
Dieser Zugang ist es auch, der Ausbildungsstätten wie die African Leadership University entstehen lässt. Dies wiederum verstärkt und verfestigt die Entwicklung einer modernen Entrepreneur-Gesellschaft in Afrika.
Auf nach Afrika, ein eintägiges Seminar zu neuen Geschäftsmodellen und agilen Methoden