Communities – Was wir von Afrika lernen können

Dynamische Communities ermöglichen afrikanischen Gesellschaften durch eine Welt voller Unsicherheiten zu navigieren. Können wir im Westen in Corona Zeiten davon lernen?

Wann werden die Schulen wieder geöffnet? Wann dürfen auch die größeren Geschäfte wieder aufsperren? Ab wann werden wir wieder Reisefreiheit haben? Nächste Woche, oder erst in 2, 3 oder 4 Wochen? – Der Druck auf die österreichische Regierung ist mittlerweile enorm. Wir alle wollen unser Tun PLANEN. Die eingefleischten Planer unter uns kennen noch nicht einmal die Rahmenbedingungen für den Sommerurlaub.

VUCA

Corona hat eine „VUCA Welt“ nach Europa gebracht, eine Welt voller Volatilität, Unsicherheit, Komplexität (Complexity) und Ambiguität.

In vielen afrikanischen Ländern ist solch eine Welt der Alltag. Vom abrupten Stromausfall, mangelnder Wasserversorgung, plötzlich unpassierbaren Straßenverbindungen bis zu erratischen Regierungsentscheidungen, die Unternehmen von einem Tag auf den anderen die Existenzgrundlage entziehen.

Afrikanische Unternehmen und Organisationen sind es gewohnt, sich in einer von Unsicherheit und Volatilität geprägten Welt zu bewegen. Die Frage war daher naheliegend, was können wir von ihnen für unsere Corona Zeit lernen? Vor etwa zwei Wochen haben wir das in einem Webinar mit direkten Schaltungen nach Nigeria diskutiert.

„Erfolgreich mit VUCA umzugehen, ist zu allererst eine Frage des Mindsets“, meinte Peter Bamkole, Business Professor in Lagos, Nigeria. Es geht um die Einstellung, dass Probleme jederzeit und überall auftauchen können und man bereit ist zu agieren.

Das aber lernt man durchaus auch in einem Standard-Management Seminar bei uns. Kann es darüber hinaus eine eigene afrikanische Art des Managements geben, von der wir den Umgang mit Unsicherheit lernen können? Nein, eher nicht. Genauso wenig wie es ein eigenes chinesisches, indisches oder brasilianisches Management gibt.

Schon vor 15 Jahren habe ich in meinen Management Seminaren im südlichen Afrika ganz nach Peter Drucker gelehrt, dass das Was des Managements überall auf der Welt das Gleiche ist: Ziele setzen, die Umsetzung begleiten, Menschen führen oder Entscheidungen treffen. Wie man aber an die Aufgaben herangeht, das kann kulturell unterschiedlich sein. Ein unterschiedlicher Mindset ist zweifellos Teil des Wie und nicht des Was.

„Aus einer Krise muss man immer stärker herauskommen, als man hinein gegangen ist“, meinte Bamkole weiter. „Ein wir-schaffen-das Spirit ist Teil der DNA erfolgreicher afrikanischer Unternehmen.“

Bloodwashed

Aber der wirkliche Unterschied zu afrikanischen Organisationen liegt wohl darin, dass deren Mindset nicht das Ergebnis guter Managementausbildungen ist, sondern Ergebnis einer Konfrontation mit den Realitäten. „Bloodwashed“ nennt man Soldaten, die mit scharfer Munition im Krieg gekämpft haben und um ihr nacktes Überleben laufen mussten. Im übertragenen Sinn sind Führungskräfte dann „bloodwashed“, wenn sie in einer Welt voller Unsicherheiten unter größtem Druck Entscheiden und Handeln mussten, um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern.

Das ist die Realität in Nigeria und in anderen afrikanischen Ländern. Und wenn nun im Zuge der Corona Krise auch bei uns immer mehr UnternehmerInnen und ManagerInnen um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen müssen, rücken wir dieser Realität näher.

Communities

Wie aber passen die harten afrikanischen Realitäten zum wertschätzenden und von uns so oft hochgeschätzten Umgang der Afrikaner miteinander? Steht eine vielerorts gelebte Kultur der Respektbezeugung und gegenseitigen Hochachtung nicht in einem Gegensatz zu einer Welt voller Unsicherheiten und Volatilitäten?

Vielleicht liegt ein großer Unterschied darin, dass die meisten afrikanischen Länder in den letzten 200 Jahren nicht durch eine Phase der Industrialisierung gegangen sind. Während unsere Gesellschaften im Westen davon geprägt wurden. Und damit von einer immer kleinteiligeren Arbeitsteilung und immer tiefergehenden Spezialisierungen. Damit das funktioniert, mussten wird das Umfeld immer berechenbarer machen und eine immer größere staatliche soziale Absicherung schaffen. Gleichzeitige haben wir Communities und Großfamilien durch die städtische Kleinfamilie ersetzt.

Derweil sind afrikanische Gesellschaften dem Schicksal von Naturgewalten und auch der Willkür politischer Gewalten ausgesetzt geblieben. Sie mussten sich auch das erhalten, was in unserem Prozess der Industrialisierung verloren ging: tief verwurzelte und breit gestreute Communities, die den Einzelnen schützen und denen sich der Einzelne verbunden fühlt.

Zusammenarbeit innerhalb des Ökosystems

Vor diesem Hintergrund bekommt ein weiterer Beitrag von Peter Bamkole im Webinar eine ganz andere Bedeutung:

„Für das Überleben in der VUCA Welt ist die Zusammenarbeit innerhalb des Ökosystems entscheidend!“

In modernen Worten beschreibt er einen entscheidenden Erfolgsfaktor. Nur, dass die Realitäten in afrikanischen Ländern ganz andere als bei uns sind. „Ökosysteme“ sind in Afrika Communities, die durch ihre Mitglieder zusammenhalten werden. Viel größere Netzwerke mit viel engmaschigeren persönlichen Kontakten und einer Art und Weise des Beziehungsmanagements, das das große Gemeinsame in den Mittelpunkt und über das Schicksal des Einzelnen stellt.

So ein Ökosystem ist der überlebenswichtige Anker in der volatilen und unsicheren Welt afrikanischer Länder. Für Unternehmen genauso wie für den Einzelnen.

So ein Ökosystem würde auch uns helfen, durch die Wirren und Unsicherheiten der Corona Krise zu navigieren. Wir könnten zwar noch immer nicht unsere Budgets oder unseren Sommerurlaub verlässlich planen, aber wir könnten uns auf Beziehungen verlassen und darauf, dass die Wahrscheinlichkeiten sehr groß sind, GEMEINSAM erfolgreich durch die Krise zu kommen.


Hier das Webinar vom 15. April 2020 im Video Stream:


Falls interessiert, Sie sind herzlich eingeladen am nächsten Webinar am 13. Mai 2020 teilzunehmen:

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