Soziale Innovationen – Warum sie gerade in afrikanischen Ländern entstehen

Fast lautlos gleiten kleine Flugzeuge in geringer Höhe über die afrikanische Steppe. Sie haben eine Flügelspannweite von wenigen Metern und werden von energiesparenden Motoren angetrieben. Unbemannt transportieren sie bis zu einhundert Kilogramm Fracht von der Hauptstadt des Landes in die Dörfer. Auch dorthin, wo es in der Regenzeit keine Geländeautos mehr schaffen.

Eine Zukunftsvision?

Nur zum Teil. In Ruanda wurde mit dem Aufbau eines flächendeckenden Versorgungsnetzes mit Lastendrohnen begonnen. Es ist noch in die Zukunft gerichtet. Viel Neuland wird betreten, von technischen Herausforderungen, unternehmerischen und finanziellen Risiken bis zur Klärung der Rechtslage.

Unabhängig aber vom künftigen Erfolg oder Misserfolg zeigt das Vorhaben:

Die globalen Vernetzungen und die Digitalisierung verändern das Leben der Menschen auch in den entlegenen Regionen der Welt.

Afrika als „Labor der Zukunft“

Bereits Realität in vielen afrikanischen Ländern ist mobiles Geld. Anfang der 2000er Jahre hatten sich die Mobiltelefone blitzartig verbreitet. Plötzlich wurden massenweise Gesprächsguthaben von Mobiltelefon zu Mobiltelefon übertragen. Die Menschen aus der Stadt transferierten Gesprächsminuten den Familienmitgliedern am Land. Und die bezahlten damit den Handwerker. Und der die Marktfrau. Und so weiter. – Das brachte den Durchbruch. Die Telefonanbieter hatten eine eigene „Währung“ geschaffen.

2007 entstand dann in Kenia M-Pesa, die erste formelle „mobile Bank“Sie wurde zum Vorreiter einer neuen Branche und heute gibt es allein im östlichen Afrika 24 solcher Unternehmen.

In Europa beginnen die Banken gerade „Bezahlen mit Handy“ anzubieten. Das im Moment besonders gehypte deutsche „Fintech“ Unternehmen Number26 hat im Jänner seinen einhunderttausendsten Nutzer gemeldet.

Zum Vergleich: M-Pesa bringt es alleine auf seinem Heimatmarkt Kenia auf über 19 Millionen Nutzer und ist in weiteren sieben afrikanischen Ländern, Indien und mittlerweile auch an der Peripherie Europas, in Rumänien und Albanien, aktiv.

Soziale Innovationen

In Afrika begegnen sich Globalisierung und Digitalisierung auf der „grünen Wiese“. Ein riesiger Bedarf trifft auf einen vernetzten Raum neuartiger Fähigkeiten und Technologien.

Und plötzlich entstehen vorweg nicht planbare soziale Innovationen. Mit dem Mobiltelefon konnten für hunderte Millionen Menschen fast zeitgleich zwei Probleme gelöst werden: der Zugang zu Information und Kommunikation für Menschen in entlegenen Regionen und der Zugang zur Geldwirtschaft. Beides Grundvoraussetzungen für die Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben.

Die Mobiltelefonie wurde zu einer Basistechnologie und verändert jetzt auch die Gesundheitsvorsorge, das Bildungssystem und viele andere Bereiche.

In afrikanischen Ländern werden – im Gegensatz zu Europa – soziale Innovationen nicht von „alten“ Technologien und Besitzständen blockiert.

Wenn wir Europäer nicht bei diesen sozialen Innovationen in Afrika dabei sind, verlieren wir nicht nur ein paar Prozentpunkte an Exportwachstum. Wir verlieren den Anschluss an die Dynamiken der globalen Mittelschicht und der globalen Gesellschaft.

 

 


 

Hans Stoisser als Autor:

Der schwarze Tiger – Was wir von Afrika lernen können

von Hans Stoisser, Kösel Verlag,
ISBN 978-3-466-37125-9

 

Der schwarze Tiger - Was wir von Afrika lernen können

 

 

 

 

 

 

 

Stimmen zum Buch

 

Ein Kommentar

  1. Kompliment! Während es in Italien beispielsweise noch immer kein verlässliches E-banking gibt (zumindest nicht via Mobiltelefon) und man jede Strom- und sonstige Rechnung nach wie vor persönlich mit Zahlschein bei einer Bank oder in einer Bar (gegen 2€ Gebühr) bezahlen muss, ist Afrika zumindest in dieser Hinsicht weit vor Italien. Das „mobile money“ hat mich fasziniert, als ich erstmals damit zu tun hatte – „How do you want to pay? Cash or with mobile money?“ Man hat das Gefühl, dass man am Puls der Zeit ist und EU-ropa diesen Boom verschläft. Auch in der Agrarwirtschaft tut sich so einiges. Gegen fortlaufende Verwüstung und durch Klimawandel forcierten Schädlingsdruck werden endemische Bäume gepflanzt und Zai-Löcher gegraben, während EU-ropa über die Neuzulassung von Round-up stimmt. Wo bleibt da noch Platz für Innovation und v.a. auch die Zeit darüber Nachdenken? Der Druck von Konzernen nimmt den innovativen Geistern im alten EU-ropa den Wind aus den Segeln. Es wird nicht mehr lange dauern und UNSERE klugen Köpfe könnten bald in den Booten im Mittelmeer sitzen… Richtung Afrika!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert