Vom Management der Softwarewirtschaft lernen

1. Software verändert die Welt

„Die Auswirkungen der Technologien wirken wie ein Tornado, zuerst wird er die reichen Länder treffen, dann über die ärmeren hinwegziehen,“ schreibt der ECONOMIST im Leitartikel dieser Woche. Die digitale Revolution könnte in den nächsten zwei Jahrzehnten die Hälfte der derzeitigen Arbeitsplätze wegrationalisieren. Buchhalter, Steuerberater, Rechtsberater, Taxifahrer, Journalisten, Soldaten, Piloten, Verkehrspolizisten – sie alle müssen um ihre Arbeitsplätze zittern.

„Software is eating the world“, schreibt Marc Adreessen im Wall Street Journal bereits 2011. Und meint, dass so gut wie alle Unternehmen zu Softwareunternehmen werden.

2. Die Softwarewirtschaft denkt anders

Software Entwickler denken in Schnittstellen, Plug-ins, Add-ons, Versionen und „Plattformen“. Dieses Denken kommt aus dem Programmieren, mittlerweile dient es aber immer öfter als Vorlage – als „mentales Modell“ – für Wirtschaften im Allgemeinen.

Statt in Produkten wird in „Plattformen“ gedacht.

Traditionell ist die Herstellung von Produkten ein geschlossenes System innerhalb eines Unternehmens und ein relativ statischer Teil einer Wertschöpfungskette unserer Gesellschaft. Plattformen aber sind offene Systeme. Kunden, Mitbewerber und Lieferanten sind eingeladen mitzuarbeiten, Ressourcen werden zur Verfügung gestellt. Mehrdimensionale Kommunikation ist die Voraussetzung, Offenheit und Transparenz eine wichtige Spielregel.

Tagtäglich erleben wir Apple, Google, Facebook und Amazon. Sie zeigen uns wie Plattformen in der globalen Wirtschaft funktionieren. Dieses neue Denken ist bereits dabei zum Mainstream zu werden.

3. Die Softwarewirtschaft hat gelernt mit Veränderungen umzugehen

Wir wissen, dass Bill Gates, Steve Jobs und Larry Page die Welt verändert haben. Aber ist uns auch bewusst, dass auch im deutschsprachigen Raum die „coolen Typen“ der Gründerszene dabei sind, die Wirtschaft von unten her aufzurollen? Kennen Sie Thomas Nicolai, Lars Kirchhoff und Thomas Brandhoff, die Gründer von Sociomatic, einem Berliner Online- Werbevermarkter, der mittlerweile 100 Million USD Umsatz macht? Oder den 17-jährigen Unternehmer Niklas Hoffmeier?

Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie anders arbeiten als herkömmliche Unternehmen. Dieses andere Management der Softwarewirtschaft ist das Ergebnis einer steilen Lernkurve. Unentwegte Dynamiken, Umbrüche und Turbulenzen haben die Organisationen der Softwarewirtschaft gezwungen, sich anzupassen. Unsicherheit, Unklarheit und Volatilität sind Normalzustand, nicht der Ausnahmefall.

Wollen wir uns auf die neue Welt vorbereiten müssen wir von der Softwarewirtschaft lernen, meint das renommierte Beratungsunternehmen McKinsey. Die Softwarewirtschaft ist das Role-model für den Umgang mit Veränderungen.

4. Das neue Management der Softwarewirtschaft 

Tatsächlich ist der Siegeszug der Software ohne das radikal andere Management der Softwarewirtschaft nicht vorstellbar.

Eine erfolgreiche Zusammenarbeit unterschiedlich spezialisierter Wissensarbeiter ist in traditionellen hierarchischen Strukturen nicht möglich. Erfolgreiche Softwareentwickler arbeiten in „coolen“ flachen Strukturen. Der kreative Mensch steht im Mittelpunkt, die Organisationen passen sich an. Und nicht umgekehrt.

Eine Grunderfahrung der Softwareentwickler ist die Notwendigkeit in kurzen geschlossenen Feedback-Kreisläufen zu arbeiten. „Test and learn“ ist entscheidend und führt langsam zu einem Ziel, das vorher nicht unbedingt bekannt ist. „Plan and implement“ führt in einer komplexen Umgebung nirgendwo hin.

Netzwerke, emergente coole Unternehmenskulturen, gemeinsame Gesinnung und Zielsetzungen, Strukturen mit geschlossenen Feedback Kreisläufen, klare Transparenzregeln, Einbeziehung der Kunden, Arbeiten in Communities. Das ist die Umgebung, in der Kreativität und Innovation gedeihen. Die Softwarewirtschaft hat hier ganz neue Standards gesetzt.

Veränderungen unserer Umwelt und Umbrüche sind zu einer Konstanten unserer Zeit geworden. Von der Softwarewirtschaft können wir lernen damit umzugehen. Ein Versuch, das neue Managementdenken in eine für Außenstehende verständliche Sprache zu bringen ist das Konzept des Management 3.0.

 

2 Kommentare

  1. Was kann am Management der Softwarewirtschaft so attraktiv sein, wenn es alle Arbeitsplätze wegrationalisiert? Wir brauchen ein anderes Management, das der Arbeit wieder Sinn gibt!

    • Attraktiv ist der Erfolg. Es lässt eine Zusammenarbeit von hochspezialisierten „Wissensarbeitern“ gelingen. Neue Organisationsformen sind entstanden, Platz für Kreativität und Innovationen wurde geschaffen und der Erfolg gibt der Arbeit des Einzelnen einen Sinn.

      Dass die Gefahr besteht, dass der Erfolg der Softwarewirtschaft mehr Arbeitsplätze wegrationalisiert als neue entstehen, ist ein schwerwiegendes gesellschaftliches Problem. Aber auf einer anderen Ebene. Es hat vor allem mit starren Strukturen und mangelnden Innovationen in anderen Bereichen zu tun. Eine Übertragung der erfolgreichen Managementmethoden der Softwarewirtschaft zB in den Gesundheitssektor könnte aber auch dort das Potenzial neuer Leistungen und Arbeitsplätze deutlich erhöhen.

      Meine These ist, dass ein neues, auf Systemwissenschaften basiertes Management eine neue Epoche zweckvoller und sinngebender Arbeit einleiten wird.

      Jedenfalls kann die Lösung des gesellschaftlichen Problems zu weniger Arbeitsplätze und zu geringer Einkommen nicht im Zurückhalten oder „Bremsen“ einer innovativen und erfolgreichen Branche liegen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert