Europa, Afrika und der Vernetzungseffekt

Der Vernetzungseffekt macht den Unterschied“, da waren sich ORF Ankerman Armin Wolf und Medienunternehmer Markus Peichl einig. Es ging um Hetze im Netz. Um Populismus. Und um Europa. Nach BREXIT und Trump, am Vorabend des italienischen Referendums und der österreichischen Bundespräsidentenwahl.

Beim Europäischen Mediengipfel in Lech am Arlberg wurde, 1. bis 3. Dezember 2016, zum Thema:

„Unsere Zukunft in Europa – Potentiale einer neuen Risikogesellschaft“

Am ersten Abend war ich eingeladen das Thema „Afrika“ einzubringen.

Afrika?

Seit die europäische Öffentlichkeit die Flüchtlings- und Migrationsdebatte im Fokus hat, fürchten sich immer mehr vor den hunderten Millionen Afrikanern die nach Europa kommen wollen.

„Afrika“ ist für Europa der „K-Kontinent“, den Kriege, Krisen, Katastrophen, Korruption, Kriminalität und Krankheit kennzeichnen.

Hier müssen wir die Grenzen bauen und dort die Fluchtursachen bekämpfen.

Das ist unser Bild.

Rückblende

In den 1980er Jahren arbeitete ich mit Menschen in absoluter Armut in Kap Verde. Gewerbeförderung, Stadtsanierung, Ausbildungen. Die einschneidende Erfahrung: Sobald jemand qualifiziert war, einen Job und Einkommen hatte, wollte er weg. Sein Glück in anderen Weltgegenden suchen. – Heute ist Kap Verde eine Erfolgsgeschichte. Ein Middle-Income Country, mit der Emigration als einem der Erfolgsfaktoren.

Und mittlerweile zeigen auch Studien, dass in den aufstrebenden armen Ländern mit zunehmendem Einkommen die Emigration steigt.

Fluchtursachen bekämpfen durch Armutsreduktion?

Verkehrte Welt.

Fluchtursache

 

Die vernetzte globale Gesellschaft

hat nicht nur Europa, sondern auch die afrikanischen Länder längst verändert.

Wir aber sehen den armen afrikanischen Subsistenzbauern und erklären ihn zum Modell für Entwicklung. Meinen, dass die Armen immer ärmer werden und fordern einen Marshallplan für Afrika. Und bezeichnen afrikanischen Migranten geringschätzig als Wirtschafts- oder Armutsflüchtlinge.

Statt dass wir erkennen, dass die Armut auch in den afrikanischen Ländern in Riesenschritten zurückgeht. Dass in den Städten längst eine Mittelschicht entstanden ist, mit Interessen nach Sicherheit, Freiheit, Wohlstand und Sinnerfüllung, die nur darauf wartet mit uns zusammenzuarbeiten.

Wir erfassen nicht, dass das Zusammentreffen von Tradition und Moderne im digitalen Zeitalter ganz Neues hervorbringt. Mobiles Geld, neue Standards in der Energieversorgung, neuartige soziale Innovationen. Mit Nairobi, Kigali, Lagos, Accra und Johannesburg als Hot-spots einer jungen Start-up Szene.

Die Afrikaner und Afrikanerinnen kommen nicht nach Europa weil sie immer ärmer werden, im Gegenteil, weil sie weniger arm sind.

Eigentlich eine Riesenchance.

 

Abgehängter Kontinent …

Europa muss vielschichtiger und agiler werden, will es nicht selbst als abgehängter Kontinent enden. Nur dann kann es die rasanten Veränderungen da draußen und die damit verbundenen Chancen sehen, nutzen und mitgestalten.

Statt fast ausschließlich die Bedrohungen der Globalisierung und Digitalisierung wahrzunehmen und in einen Kreislauf von Angst und Abschottung zu geraten.

… oder agiles Europa?

Der Blick auf die vernetzte globale Gesellschaft, mit den afrikanischen Ländern als wichtigen Teil davon, statt dem Bild von Afrika als Krisen-Kontinent, macht den Anfang.

Dann erkennen wir, dass Globalisierung und Digitalisierung die Grundlage für das Zusammenleben von heute 7,3 und zukünftig 9,5 Milliarden Menschen geschaffen haben. Und dass Europa mit seiner offenen Gesellschaft ein wichtiges Fundament dafür gelegt hat.

Dieses gemeinsame Verständnis ist die Basis für europäische Organisationen, um auszuschwärmen und sich zu vernetzen. Agil, indem sie zuallererst ihre Partner begeistern, auf Augenhöhe, Schritt für Schritt, auf Grundlage gemeinsamer Werte.

Statt Fluchtursachen zu bekämpfen, die es gar nicht gibt.

Denn es sind die „Vernetzungseffekte“ der globalen Gesellschaft, die auch in den afrikanischen Ländern den Unterschied machen.


 

Hans Stoisser als Autor:

Der schwarze Tiger – Was wir von Afrika lernen können

von Hans Stoisser, Kösel Verlag,
ISBN 978-3-466-37125-9

 

Der schwarze Tiger - Was wir von Afrika lernen können

 

 

 

 

 

 

 

Stimmen zum Buch

 

2 Kommentare

  1. Und warum stehen dann alle vor irgendwelchen Geschäften und verkaufen Megaphon, Drogen und ähnliches, warum Leben sie von Sozialhilfe und arbeiten nicht???

    Wenn sie so gebildet wären und im Mittrlstand Leben würden, würden sie bevor sie kommen einen Arbeitsplatz in der Tasche haben und nicht mittels Schlepper nach Eiropa kommen.

    Wie sehen sie das?

    • Die Menschen die aus afrikanischen Ländern mit den Schlepperbooten nach Europa kommen, stammen in der Regel nicht aus der Mittelschicht. (Sie gehören aber auch nicht zu den Ärmsten, die sich eine Überfahrt überhaupt nicht leisten können.)

      Erstens meine ich, dass wir uns mit den Menschen der wachsenden Mittelschicht in ihren Ländern vernetzen und zusammenarbeiten sollen. Diese Menschen fühlen sich auch für die Armen im eigenen Land verantwortlich. Das ist der größte Hebel für wirtschaftliche Entwicklung dort, mit großen Chancen auch für unsere eigene Wirtschaft.

      Zweitens, halte ich darüberhinaus bei uns eine rationale Einwanderungs- und Integrationspolitik für unerlässlich. Wir sollten dabei natürlich auch unsere eigenen Interessen berücksichtigen und auswählen wer zu uns kommt.

      Drittens sollten wir versuchen die Mobilität zu erhöhen, dh Menschen aus afrikanischen Ländern erleichtern für kurze Zeit zu uns zu kommen. Das scheint nämlich (dzt fehlen noch Studien) den Migrationsdruck zu vermindern.

      Dabei gilt natürlich immer, dass wir die europäischen Grenzen unter Kontrolle haben und Grenzübertritte nachvollziehbar sind.

      Insgesamt spreche ich hier von MIGRATION (Menschen mit „Hoffnungen“ freiwillig unterwegs) und nicht von FLUCHT (Menschen aus „Angst“ gezwungenermaßen unterwegs).

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